
Am 6. Mai 2016 war der Autor und gebürtige Ulmer Andreas Eschbach („Das Jesusvideo“, „Eine Billion Dollar“) zu Gast in der Stadtbibliothek Ulm. Im Gespräch reflektierte der Science-Fiction-Autor die Chancen und Risiken moderner Technologien für das Lesen.
Die Bibliothek vor und in 500 Jahren
Die Stadtbibliothek blickt in 2016 auf ihre 500-jährige Geschichte zurück. Zugleich nimmt sie ihr Jubiläum zum Anlass, um einen Blick nach vorne zu werfen: Wie sieht die Zukunft des Lesens aus? Welche Chancen und Risiken bringt die Digitalisierung mit sich? Wird es in 500 Jahren noch Bibliotheken geben? Was läge näher, als diese Fragen mit einem Autor zu diskutieren, der über die Zukunft schreibt – dem gebürtigen Ulmer Andreas Eschbach.
Science-Fiction-Autor Andreas Eschbach
Eschbach wurde 1959 geboren und veröffentlicht seit rund 20 Jahren Romane, die ihn zu einem der erfolgreichsten Science-Fiction-Autoren Europas gemacht haben. Sein Romandebüt war „Der Haarteppichknüpfer“, sein erster Bestseller „Das Jesusvideo“. Sein neuester Roman heißt „Aquamarin“.
Eschbach über das Lesen und seine Arbeit als Autor
Auszüge aus dem Gespräch mit Andreas Eschbach in der Ulmer Stadtbibliothek am 6. Mai, das von der Bibliothekarin Daniela Stang geführt wurde:
„Es schleicht sich automatisch immer ein Alien oder ein Zeitreisender ein – weil mir das gar nicht ungewöhnlich vorkommt.“
Mit diesen Worten beschrieb Eschbach sein Faible für Zukunftsthemen. Er beschäftige sich in seinen Romanen damit, weil er selbst sehr stark durch Science-Fiction und fantastische Literatur geprägt sei. Er versuche jedoch, seine Bücher so zu schreiben, dass sie auch für Leute ohne Neigung für Science Fiction „erträglich“ seien.
„Ein Charakteristikum für ein gutes Gerät und einen guten Text ist, dass Sie vergessen, auf welchem Medium Sie das lesen.“
Eschbach sieht in digitalen Geräten per se keine Bedrohung für die Literatur und die Leselust. Auch auf E-Readern würden Menschen lange Geschichten lesen, wenn diese sie fesseln. Das gelte zwar nicht für den PC, aber für E-Reader, die man in der Hand halten könne.
„Ist ja schön, wenn man die Wahl hat.“
Eschbach sieht so wohl in gedruckten Büchern als auch in elektronischen Büchern Vorteile. Er selbst besitzt einen E-Reader und weiß ihn vor allen auf Reisen zu schätzen. Trotzdem hofft er, dass es auch in 500 Jahren noch echte Bücher und Bibliotheken geben wird, anstatt dass einzelne Lebensbereiche in einem „elektronischen Mischmasch“ untergehen.
„Die Leute lesen keine klassischen Bücher mehr, sondern elektronische Tafeln, auf der man auch seine Hausaufgaben macht und telefoniert.“
Das ist die Vision in Eschbachs neuestem Werk „Aquamarin“, das im Jahr 2150 spielt. Zentrales Thema ist eine neue Menschenart, die durch Genmanipulation unter Wasser atmen kann. In der Geschichte der jungen Ich-Erzählerin kommen einige Passagen vor, die den Unterschied zwischen gedruckten Büchern und den elektronischen Tafeln erörtern. Ein Knackpunkt dabei: die Privatsphäre. Denn über die Tafeln können z.B. die Lehrer nachvollziehen, womit sich ihre Schüler beschäftigen, wofür sie sich interessieren.
„Prophezeiungen sind bekanntlich schwierig, vor allem, wenn sie die Zukunft betreffen.“
Alles in allem reflektiert Eschbach seine Rolle als Science-Fiction-Autor jedoch mit Abstand: Wie die Zukunft des Lesens tatsächlich aussehen wird, maßt er sich nicht an, zu wissen.